ATP
World Tour Finals
Vom 20. - 27.
November 2011 wurden in London die ATP World Tour Finals ausgetragen,
für welche sich traditionell die acht erfolgreichsten Spieler der
Saison qualifizieren. Vor dem Turnier sprachen alle von einem Kampf
zwischen den "Grossen Vier" (Djokovic, Nadal, Murray,
Federer), welche die bisherige Saison dominiert hatten. Doch das Turnier
sollte einen ganz anderen Verlauf nehmen.
Die "Grossen
Vier"
Novak Djokovic,
der Weltranglistenführende, zeigte sich physisch und mental ausgelaugt
nach einer langen und kräftezehrenden Saison. Zwar gewann er seine
Auftaktpartie nach abgewehrtem Matchball gegen Tomas Berdych, doch dann
verlor er sang- und klanglos gegen David Ferrer. Im abschliessenden
Gruppenspiel unterlag er schliesslich seinem nachrückenden Landsmann
Janko Tipsarevic und schied nach der Gruppenphase aus.
Andy Murray
gewann nach den US Open drei Turniere in Serie, verletzte sich dann
jedoch in Basel. Nachdem er bei seiner Auftaktniederlage gegen David
Ferrer über Leistenprobleme klagte, konnte er das Turnier nicht mehr
fortsetzen.
Rafael Nadal
kehrte nach einer längeren Turnierpause bei den World Tour Finals auf
die Wettkampfbühne zurück. Seine erste Partie konnte er knapp gegen
Mardy Fish für sich entscheiden. Gegen Federer wurde er dann aber
deklassiert. Mit 3:6 und 0:6 hatte er nicht den Hauch einer Chance.
Nadal wirkte verunsichert und spielte viel zu passiv gegen einen Gegner,
der sich in Höchstform präsentierte. Phasenweise agierte Nadal dabei
wie gelähmt und liess auch seinen Kampfgeist vermissen, welcher ihn
üblicherweise auszeichnet. Es schien, als ob er nicht an seine Chance
glauben würde. Im dritten Spiel steigerte sich dann Nadal um einiges,
doch gegen Jo-Wilfried Tsonga zog er letztlich den Kürzeren. Somit
schied er ebenfalls vor dem Halbfinale aus.
Blieb also nur noch Roger
Federer von den "Big Four". Nach dem Davis-Cup gegen
Australien legte Federer eine sechswöchige Wettkampfpause ein und
kehrte bei seinem Heimturnier in Basel auf die Tour zurück. Nach der
bitteren Niederlage bei den US Open gegen Djokovic nach vergebenen
Matchbällen wurde darüber spekuliert, ob dies Spuren hinterlassen
würde und einmal mehr wurde in den Medien darüber diskutiert, ob
Federer noch grosse Titel gewinnen könne. Nach der Pause zeigte sich
Federer indes gut erholt und voller Spielfreude. Er gewann in Basel,
holte sich darauf auch den Titel beim Masters 1000-Turnier von
Paris-Bercy und reiste plötzlich wieder als Topfavorit nach London.
Nach einem engen Startsieg gegen Tsonga, folgte die Gala gegen Nadal.
Nach diesen beiden Erfolgen stand Federer bereits vorzeitig als
Gruppensieger fest. Im Halbfinale gegen Ferrer fand Federer zu Beginn
seinen Rhythmus nicht. Er beging viele leichte Fehler und profitierte
bei 4:5 davon, dass sein Gegner die sich bietenden Chancen nicht nutzte
und sichtlich Nerven zeigte. Federer konnte ausgleichen und
anschliessend seinerseits das Break realisieren. Ab diesem Zeitpunkt
waren die Weichen in Richtung Finale gestellt und Federer liess sich von
diesem Kurs nicht mehr abbringen.
Finale: Federer
vs. Tsonga
Im Finale sollte es
zu einer Neuauflage der Startpartie kommen. Im Gruppenspiel fand Tsonga
zu Beginn nicht richtig in die Partie und spielte einen schwachen ersten
Satz. Im Finale präsentierte er sich dann ganz anders. Er spielte auf
höchstem Niveau und hatte die Vorteile auf seiner Seite. Doch trotz dem
starken Beginn des Franzosen, konnte Federer seine Aufschlagsspiele
durchbringen. Federer führte mit 4:3, obwohl Tsonga bis zu diesem
Zeitpunkt 5 Punkte mehr verbuchen konnte! Im achten Spiel patzte dann
Tsonga, gab seinen Aufschlag zu Null ab und Federer servierte zum
Satzgewinn aus. In Satz 2 dann ein anderes Bild: Tsonga liess nach,
Federer schien die Kontrolle über die Partie gewonnen zu haben und
realisierte ein Break zur 3:2-Führung. Er wirkte souverän und hatte
gar die Chance auf ein zweites Break. Bei 5:4 schlug Federer zum
Matchgewinn auf und hatte während der Partie noch keinen einzigen
Breakball gegen sich. Doch dann plötzlich 0:40, nachdem Tsonga viel
riskierte und alle Kräfte mobilisierte. Die dritte Breakchance nutzte
er zum Ausgleich - die Partie war wieder offen, das Publikum tobte. Im
Tie-Break hatte Federer dann bei 6:5 einen Matchball, konnte diesen
jedoch nicht nutzen und wenige Augenblicke später hatte Tsonga das
Tie-Break mit 8:6 für sich entschieden.
Federer war so nahe
am Sieg und plötzlich wieder so weit entfernt - würde Federer erneut
eine Partie nach vergebenem Matchball noch verlieren?
In Satz 3 zeigten
sich beide Spieler lange Zeit souverän bei eigenem Aufschlag. Eng wurde
es im achten Spiel und Aufschlag Tsonga. Federer konnte schliesslich das
entscheidende Break mit dem dritten Breakball realisieren und holte
wenige Minuten später seinen 6. Titel beim Saisonfinale - ein weiterer
Rekord.
Nach der Partie gab
Federer offen zu, dass er in der Endphase des 2. Satzes extrem nervös
gewesen sei. Interessant auch zu hören, wie sich Federer mit
Niederlagen wie gegen Djokovic auseinandergesetzt hat. Er hätte eine
Pause benötigt, um sich wieder zu finden. Er habe sich gefragt, was er
in solchen Situationen falsch gemacht habe und wie er in den
entscheidenden Situation wieder besser spielen könne. Er glaube für
sich eine Antwort darauf gefunden zu haben...
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